Eigentlich stand Bad Endbach als Saisonstart auf dem Kalender. Dort, wo im vergangenen Jahr die Saison beendet wurde, sollte auch die neue Saison starten. Doch leider mussten die Veranstalter Bad Endbach für diese Saison canceln und so rückte Frammersbach in das Licht der E1-Saisoneröffnung.
Der Spessart ruft
Frammersbach im schönen Spessart, das unter anderem als Etappenort einer der größten Mountainbike-Veranstaltungen der CRAFT Bike Trans Germany bekannt ist, war also die Event-Location des vergangenen Wochenendes. Dort betreiben die im ADAC organisierten Motorsportfreunde Frammersbach e.V. am Sauerberg am Skilift einen kleinen Vereins-Bikepark und eine Motorrad-Trial-Anlage. Diesen Gegebenheiten geschuldet, war es nicht verwunderlich, dass die Location und die gesamte Veranstaltung bereits am Saisonanfang ein Highlight darstellt. Den Mädels und Jungs vom MSF Frammersbach e.V., die im Hintergrund alles organisiert hatten, gilt gleich zu Beginn ein großes Lob.
Auf Grund der Nähe und einer nur rund 100 km langen Anfahrt überlegte ich, erst am Samstagvormittag nach Frammersbach zu reisen. Aber mit dem Hintergedanken, einen guten Platz im Fahrerlager zu bekommen und noch ein wenig am Freitagabend die Gegend mit dem Rad zu erkunden, reiste ich bereits am Freitagmittag an.
In Frammersbach angekommen schickte mich ein kleines unscheinbares E1-Logo den Berg hinauf in Richtung Sauerberg-Skilift. Die von den Veranstaltern bereits zur Einbahnstraße umfunktionierte Serpentine schlängelte sich vom Ort den Berg hinauf bis auf ca. 375 Meter Höhe. Klingt jetzt erst mal nicht so spektakulär. Aber… Der Skilift hat eine Länge von ca. 415 Metern. Bei einem Höhenunterschied von fast 100 Metern liegt das Hanggefälle bei rund 24%. Ein Wert, der später noch wichtig wird.
Oben angekommen war im Fahrerlager noch nicht so sehr viel los. Das langgestreckte Gelände rechts und links von der Abfahrtstraße schien riesig zu sein. Es war jedoch bereits am Freitagabend komplett belegt und später Anreisenden blieben nur zwei weitere Wiesen Richtung Fußballhütte. Eine gute Überlegung, am Freitagmittag anzureisen. Etliche Dixi-Klos waren über den gesamten Platz verteilt und es gab als sehr großen Luxus auch jede Menge Stromkästen im Fahrerlager verteilt – einen entsprechenden CEE-Adapter vorausgesetzt. Zum Glück meiner Platznachbarn hatte ich für sie noch einen passenden Adapter in meinem Fundus. Geduscht werden konnte entweder in der Fußballhütte oder im etwas entfernten Schwimmbad. Ein paar lockere Runden auf den noch freien Teilen der Trails rundeten den Freitagnachmittag ab und waren gleichzeitig Garant für die richtige Reifenwahl. Am Samstag sollte es zwar das beste Wetter geben für das Wochenende, jedoch würden die Trails so schnell auch nicht trocknen. Am Tag zuvor gab es erhebliche Regenschauer und Unwetter in der Gegend. Ich entschied mich dafür, die Michelin Wild-Mud aufzuziehen.
Samstags um 10 Uhr begann mit den Rennen der Wild-Childs das Rennwochenende pünktlich. Die Kids zwischen 8 und 16 Jahren durften die Freeride-Strecke neben dem Skilift unter die Räder nehmen bevor um 11:00 Uhr das offizielle Training der Erwachsenen begann. Trainiert werden durften die Stages 5 bis 7. Alle anderen Stages mussten -wie für Endurorennen üblich- auf Sicht gefahren werden.
Um 14:15 Uhr war es dann auch endlich für die 28 E-Biker -darunter sogar drei elektrische Mädels- so weit. Die Spezial-Stage stand auf dem Programm. Mit den geflügelten Werbeworten des “Uphillflow” im Kopf hatte ich alles anders erwartet. Als Prolog-Strecke für die E-Biker wurde die Freeride-Line neben dem Skilift ausgewählt, die am Vormittag noch die Kids runter gesaust sind. Nach einer kurzen Fahrerbesprechung erfolgte der Start etwas oberhalb der Talstation. Unzählige Anlieger und Wellen galt es BERGAUF zu erklimmen. Der Schnellste in diesem Prolog war Michael Kuttler, der diese Monsterstrecke in ganz knapp unter 1 Minute und 50 Sekunden gefahren ist. Hier musste Mensch und Maschine eine Einheit bilden. Annika Jeschke konnte sich mit 2 Minuten 12 Sekunden als beste Frau unter den vielen Männern behaupten.
Die 24%-Strecke war nicht so meine. Gestartet mit dem falschen Gang und im Turbo-Modus ging das kurze gerade Stück schlagartig in die Vertikale über. Zu viel für meine Beine und mein armes Motörchen. Meine Lungen pumpten schon nach den ersten fünfzig Metern am Limit. Mühsam und mit immer wieder steigendem Vorderrad quälte ich mich bergauf. Egal wie weit ich mich nach vorne legte, das Vorderrad bäumte sich immer wieder auf, bis ich letztendlich in der Botanik verschwand. Doch zu viel Unterstützung? Ich rappelte mich auf halber Strecke auf, japste nach Luft und startete einen zweiten Anlauf mit der Unterstützungsstufe auf Sport. Die Anfeuerungsrufe der Zuschauer im oberen Drittel ließen das Adrenalin noch einmal in die Höhe steigen und so quälte ich mich bis in das nicht näher kommen wollende Ziel. Was ersehnte ich das Piepen des Zeitnahme-Transponders herbei. Bei irgendwas um die 3 Minuten 38 Sekunden schob sich das E-Ross mit dem keuchenden Reiter über die Ziellinie. Schlechte Voraussetzungen für das morgige Rennen, denn die Zeit zählt komplett in die Gesamtwertung. Vom wohl gepriesenen Uphillflow war nichts zu spüren und mit dem alten Bosch-Motor war gegen die recht frische Konkurrenz von Brose, Shimano oder Bosch CX kein Pokal zu gewinnen.
Samstagmorgen – Diesmal muss ich früh raus. Es ist für mich ungewöhnlich, in der zweiten Startgruppe um 9:36 Uhr an den Start zu gehen. Bisher reihte ich mich eher in die hinteren Startblöcke ein. Dank der Spezialstage der eBiker wurden diese gleich zu Beginn auf die Strecke geschickt. Aber etwas mulmig war mir schon, gleich die Fahrer der Pro-Klasse an der ersten Stage im Nacken zu haben.
Langer Weg bis zur Stage 1
Nach etwa 4,2 Kilometer erreichte ich Stage 1. Auf der sehr langen Transferstrecke überholten mich bereits ein paar Pros, die in derselben Startgruppe gestartet waren. War mir Recht – die hängen mir auf der Stage schon mal nicht im Kreuz und ihre Zeiten kann ich schon mal gar nicht beeinflussen. Ich rollte vor bis zur Startlinie und kurz darauf begann mein Rennen gegen die Zeit. Leicht abschüssig ging es einen Singletrail bergab. Schnell war ich über die unterstützten 25 km/h hinaus und ich dachte mir: geht das jetzt so weiter? Bis ein Streckenposten mir signalisierte, dass es gleich rechts hoch geht und mir noch hinterher ruft “das ganze zweimal”. Quer über den Weg war das Flatterband gespannt und wies mir den Weg hoch in die Böschung. Da maximal 25 Fahrer vor mir diesen Weg nahmen, war die Spur noch nicht eindeutig zu erkennen und ich suchte mir meine eigene Linie. Kurz darauf kam der zweite Abstecher ins Grün und auch dieser konnte gut gemeistert werden. Der Rest zum Eingewöhnen recht unspektakulär bis auf den Ausreißer kurz vor dem Ziel, wo man noch mal links durch einen Schlammgraben die Böschung hoch musste, bevor man zum Endspurt ansetzen konnte.
Eine tretlastige Stage 2
Stage 2 begann wie Stage 1 endete. Einen Hohlweg ging es sehr tretlastig bergab und mal die Böschung hoch und wieder runter. An einer Schikane kam einem aber auf einmal eine Wand entgegen. Ziemlich im letzten Augenblick musste man entscheiden, was man hier zu tun hat. Es war kaum Zeit hochzuschalten – schon stand ich auf dem sehr matschigen Aufstieg die Böschung hoch und rutschte Dank der nicht so griffigen Schuhe direkt wieder runter. Was ein Plage, sich mit dem 23-kg-Esel da hoch zu quälen. Wie sieht das erst nach 500 Bikern aus schoss mir durch den Kopf. Wo es hoch geht muss es auch wieder runter und nach ein wenig hin und her auf der Böschung ging es wieder runter auf den Hauptweg, um kurz darauf gleich wieder links hoch zu gehen.
Stage 3 und 4 ein Traum
Bei Stage 3 wäre ich gerne gleich noch mal hoch, um sie erneut zu fahren, so schön war sie und viel zu kurz. Es ging in den Wald und man fuhr auf viel Laub, Moos und Tannennadeln wie auf einem Teppich. Der Trail kaum am Boden auszumachen ging es stetig bergab und zirkelte nur durch das Trassierband gekennzeichnet zwischen den Bäumen durch. Hier war ich froh, am Freitagabend die Mud-King aufgezogen zu haben, denn somit konnte ich diesen Trail ohne nachzudenken, ob ich Grip habe, genießen. Nochmal, nochmal, nochmal… Die nachfolgende Stage 4 war ähnlich strukturiert. Eventuell etwas steiler und etwas hakeliger ging es wieder zwischen Nadelgehölz zirkelnd bergab. Da ich eh nicht der Airtime-Typ bin und lieber mit zwei Rädern auf dem Boden bleibe, für mich eine willkommene Passage.
Stage 5 und der Graben
Wieder ging es schnurstracks und sehr sehr tretlastig einen fast geraden Singeltrail hinunter. Nach einer Ewigkeit schoss man mit vollem Tempo zwei Absätze hinab in einen Graben und wenn man vorher die “Achtung Baboons” Schilder nicht beachtet hat, hätte man sich hier schnell hinlegen können. Zum Glück konnte die Stage 5 am Vortag trainiert werden und die Einfahrt in den Graben war bekannt. Im sehr engen Graben ging es im freudigen Wechsel links und rechts hoch auf den Grabenrand. Mal steiler, mal wurzeliger, mal um einen Baum zirkelnd. Wer hier aus dem Tritt kam, der musste schnell runter vom Rad, weil gar keine Zeit war, sich vor der nächsten Auffahrt wieder zu fangen. Der Abschnitt brachte mich nicht groß ins Straucheln. Am Vortag habe ich mir da mehr Kopf drum gemacht, wie dieser Teil gemeistert werden kann. Eine abschließende lange und teilweise matschige Wald- und Wiesenkombination verlangte noch mal alles ab und ließ die Beine schnell sauer werden.
Lang, länger, Stage 6
Die gefürchtetste Stage des Rennens. Stage 6 startete oben auf dem Berg oberhalb des Skilifts auf einem kleinen Starthügel und folgte am Anfang der roten Downhill-Strecke. Viele Wurzeln und quer liegende Baumstämme, die als Sprung zurecht gemacht wurden, spickten den oberen Teil der Stage. Das war auch mein Verhängnis. Im ersten Drittel kickte es mich bei einem solchen Baumstamm und ich landete mit dem Rad im Rücken im Grünen. Beim aufrappeln sah ich, dass ich vergessen hatte, den hinteren Dämpfer nach der Transferpassage wieder zu öffnen. Nachdem ich mich sortiert hatte ging das Rennen weiter. Mit verdrehtem Bremshebel und Schaltungs-Trigger warf ich mich weiter den Berg hinunter. Auf einem kurzen Wiesenstück kurz vor dem Drop ließ ich noch einen nachfolgenden Fahrer passieren, um den letzten Abschnitt ohne Stress zu bewältigen. Den Drop – bei dem sich im Training der ein oder andere einen Abstecher in die Botanik gönnte – konnte ich auf einer für mich sehr gut gefahrenen linken Line umfahren. Der mitten im Wald geparkte und musikbeschallende Red Bull-Offroad-Truck war schon faszinierend. Aber leider war keine Zeit zum Musik hören. Das Ziel ruft…
Stage 7 – Der Wiesenslalom
Ein drittes und vorletztes Mal ging es hoch in Richtung Skihütte. Die letzten Transferpassagen hatten einiges an Höhenmetern auf kurzer Distanz und jede Menge Schlamm zu bieten. Selbst mit E-Bike war ich hier überfordert und so zog ich es vor, Teilstücke wie die analogen Kollegen zu schieben. Respekt gegenüber jedem Fahrer, der tretenderweise an mir vorbei zog. Aber ich wollte meinen Akku auf den letzten Metern nicht noch leer lutschen, um dann ganz ohne da zu stehen. Schließlich musste ich nach Stage 7 noch einmal den Berg hoch. Der Slalomkurs auf dem Wiesenhang an der Skihütte war trotz der widrigen Bedingungen Tage zuvor unglaublich griffig. Trotzdem ließ ich die Sprünge links liegen und zog die nicht viel langsameren Chickenlines vor. Ein paar Mal links, ein paar Mal rechts und schon war die Ziellinie der Stage passiert. Die letzten Kraft- und Akkureserven wurden auf dem letzten Bergaufstück verpulvert. Mit 0,0 Kilometern Restreichweite passierte ich die Ziellinie. Das bzw. mein Rennen war nach anspruchsvollen 35 Kilometern und gut 1.000 Höhenmetern gelaufen.
Fazit: Der Auftakt der 2017er Enduro One Saison hätte nicht viel besser laufen können. Die Organisation, das Fahrerlager, die Steaks an der Skihütte waren aus meiner Sicht perfekt. Die Uphill-Stage der eBiker hätte ein wenig durchdachter sein können. Ein technischer Uphill, bei dem es auch auf Bikebeherschung mit Einsatz des Motors angekommen wäre, mit einem kurzen Stück downhill und kein stupides Hochtreten hätte dem ganzen recht gut gestanden. Aber Potential nach oben gibt es immer. Im Gesamtranking bin ich leider nur auf Platz 26 gelandet. Egal, die Konkurrenz war groß und Spaß hat es trotzdem wieder gemacht. Aber trotzdem geistert mir nach dem Wochenende nur ein Gedanke durch den Kopf: Ist mein fast 4 Jahre altes Bike überhaupt noch konkurrenzfähig?
Das Timing der E-Bike-Klasse kannst Du auf der Seite von SPORTident ansehen.